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Die spannende Geschichte der Augsburger Zirbelnuss

  Die spannende Geschichte der Augsburger Zirbelnuss
Die Zirbelnuss gehört untrennbar zu Augsburg – wie das Salz zur Suppe, der Deckel zum Topf oder das Hell zum Dunkel. Doch das prägnante Stadtwappen machte im Laufe der Jahrhunderte einige Metamorphosen durch.



annett klingner

Am 21. Juni 1156 wurde Augsburg von Kaiser Barbarossa das Stadtrecht verliehen. In den folgenden Jahrzehnten suchte die Gemeinde nach eindeutigen visuellen Symbolen, Hoheitszeichen und Repräsentationsformen, um die rechtliche Autonomie und eigenständige politische Einheit zu präsentieren und belegen. Das älteste Exemplar eines Stadtsiegels stammt aus dem Jahr 1237 (siehe Foto). Es ist aus weißem Wachs gefertigt und seine Umschrift verrät, wem es gehört. Es ist das SIGILLVM CIUIVM AUGVSTENSIVM (das Siegel der Bürger Augsburgs). Die Stadt wird durch eine Mauer und ein Tor samt zwei zinnenbekrönten Türmen symbolisiert. Über dem Tor prangt ein Stern als Zeichen der Bischofsstadt unter dem Marien-Patronat. In der Toröffnung wächst ein großer Lebensbaum, der für Fruchtbarkeit steht. Er ist Vorläufer einer Traubendolde. Diese blieb für die folgenden drei Jahrhunderte bildbestimmend. An der Ostfassade des jetzigen Rathauses ist noch das Relief des Stadtwappens zu sehen, welches sich seit ca. 1450 über dem Portal des Vorgängerbaus befand (Foto). Es zeigt die „Stadtbeere“ zwischen zwei keulenbewehrten wilden Männern samt einem markanten Weihespruch in lateinischer Sprache: Christi tibi gloria in Augusta retia urbe vere regia (Ruhm dir, Christus, in Augsburg, der wahrhaft königliche Stadt Augsburg). Dieser Text war doppelsinnig gemeint: Einerseits feierte sich die Stadt damit, betonte aber zugleich ihre verfassungsrechtliche Position als Reichsstadt. Zwischen 1530 und 1533 kam im Gefolge Kaiser Karls V. mehrmals der italienische Humanist und Historiker Mariangelo Accursius nach Augsburg. Er untersuchte eine große steinerne „Stadtbeere“, die im Jahr 1467 bei S. Ulrich und Afra gefunden worden war und auf einem Kapitell mit Frauenkopf stand (siehe Foto). Der Gelehrte war sicher, dass dieses Objekt der vorrömischen Göttin Cisa geweiht gewesen müsse. Er identifizierte die „Beere“ als Frucht desjenigen Baumes, den man der Cisa zuordnet: der Pinie und verfasste gleich ein Buch darüber: ’De insignibus urbis Augustae. Von der Statt Augspurg Wappen, was es sey vnd von wannen es herkomme’.
Darstellungen des Stadtwappens, in denen die Beere entsprechend dieser neuen Tradition zum Zapfen umstilisiert ist, tauchten erstmals Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Und obwohl die offiziellen Stadtsiegel noch bis 1806 die Beere zeigten, setzte sich der Zapfen letztlich durch.
Für die aktuelle Saison hat das Theater Augsburg eine stilisierte Ananas als Spielzeitmotto gewählt –, die deutlich von der Zirbelnuss inspiriert ist. Vielleicht steckt das Augsburger Wahrzeichen ja schon längst in einer weiteren Metamorphose…

in: Kulturportal Augsburg 2018

Literatur:
Wolfgang Zorn: Augsburg: Geschichte einer europäischen Stadt, Augsburg 2001
Bernd Roeck: Geschichte Augsburgs, München 2005
Gunther Gottlieb (Hrsg.): Frühgeschichte Augsburgs, Teil I, Stuttgart 1984
Friedrich Roth: Das Aufkommen der neuen Augsburger Statpir mit dem Capitäl und dem Cisa-oder Cybelekopf um 1540, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 35 (1909), 116-119
Dizionario bibliografico degli Italiani 1, 1960, 126-132
Bosls bayerische Biographie, 1983, 3
Contemporaries of Erasmus 1, 1985, S. 4f.

Illustrationen: Alexander Kohler (mehrbunt.de)
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