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Artikel: Auf der Spur heiliger Beschützer

  Artikel: Auf der Spur heiliger Beschützer
Sehen könnte sie jeder. Doch weil Augsburgs Hausmadonnen und -heilige ganz selbstverständlich zum Stadtbild gehören, werden sie kaum wahrgenommen.



annett klingner

Dabei wäre der Blick zu den historischen Fassaden überaus lohnend. Denn dort verstecken sich wahre Schätze: mehr als 200 Figuren, -reliefs und -bilder. Um viele von ihnen ranken sich spannende Geschichten – genau wie um die Gebäude.

Hausheilige gibt es in vielen Kulturen. Sie sollen die Bewohner unter den Schutz eines ganz bestimmten himmlischen Protektors stellen – und diese Wahl auch öffentlich anzeigen. Doch natürlich verraten die zwei- und dreidimensionalen Darstellungen viel mehr. Zum Beispiel, wie fromm der jeweilige Hausbesitzer war (oder wirken wollte). Größe, Material und Ausstattung signalisieren darüber hinaus, wie es um seinen Wohlstand und sozialen Status bestellt war oder auf welche Weise sich der Eigentümer seinen Mitmenschen präsentieren wollte.

Auch in Augsburg wurden seit dem Spätmittelalter Fassaden mit Bild-, Holz- und Steinbeschützern versehen. Seine Blüte erlebte der Brauch im 18. Jahrhundert. Die Gottesmutter Maria wurde dabei besonders häufig als Patronin gewählt. Weil Hausheilige zur Privatsphäre der Gebäude zählten, unterlagen sie keiner Baukontrolle: Wen oder was die Eigentümer an ihrer Fassade anbrachten, lag in ihrem eigenen Ermessen. Grenzen gab es höchstens durch Traditionen oder religiöse Tabus. Denn die Figuren konnten durchaus zum Politikum werden: In erster Linie schmückten Katholiken ihre Häuser mit Hausheiligen und Madonnen. Doch Augsburg war keine rein katholische Stadt. Über Jahrhunderte spielten die Protestanten eine gleichberechtigte Rolle. Wer am eigenen Haus Schutzheilige oder eine Nischenmadonna positionierte, präsentierte also öffentlich seine Konfession und grenzte sich automatisch von den evangelischen Nachbarn ab.

Seit ihrer Installation haben die Madonnen und Hausheiligen in den Hausnischen, über Portalen und an Giebeln viele Jahrzehnte, oft sogar mehrere Jahrhunderte, im Freien verbracht. Sie waren jeder Witterung, Vögeln, Umweltverschmutzung und der nicht immer sachgemäßen Behandlung durch spätere Generationen ausgesetzt. Auch Restaurierungen erfolgten gelegentlich ohne den nötigen Sachverstand. Auf diese Weise sind zahlreiche Objekte verloren gegangen. Andere wurden zu ihrem Schutz in Innenräume gebracht, sodass heute etwa ein Drittel der in Augsburg erhaltenen Hausnischen leer steht. Die noch vorhandenen Bildwerke und Figuren sind von sehr heterogener Qualität, aber unbedingt schützens- und erhaltenswert. Denn sie verraten viel über vergangene Generationen. Und sie haben engagierte Fürsprecher: Die Altaugsburggesellschaft konnte während eines mehrjährigen Projektes insgesamt 237 Hausheilige innerhalb der alten Stadtmauern nachweisen: 144 sind noch an ihren Originalplätzen, 24 in Privatbesitz oder in Museen, und 69 gingen während des Krieges verloren. Die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins dokumentierten den Bestand, erstellten einen nach Straßen geordneten Katalog, initiierten dringend erforderliche Restaurierungen, ließen Originale in Sicherheit bringen und diese durch exakte Kopien ersetzen. Sie recherchierten, warum manche Häuser eine Hausmadonna haben und andere nicht. Und ob die Stadtviertel, in denen besonders viele Gebäude von Hausheiligen bewacht wurden, auch besonders katholisch waren. Hausbesitzer erzählten ihnen die oft abenteuerlichen Geschichten „ihrer“ Nischenmadonna oder „ihres“ Schutzheiligen. Die spannenden Ergebnisse des Projektes sind in dem Buch „Hausmadonnen in Augsburg“ festgehalten.

Literaturtipp: Ulrich Heiß, Stefanie Müller: Hausmadonnen in Augsburg, hrsg. von der altaugsburggesellschaft, 160 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 17 x 24 cm, 16,90 Euro, ISBN 978-3-422-07183-4

Fotos der Hausmadonnen: Annett Klingner
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