Best of
Gerade erschien ein Best of der '111 Orte-Reiseführer'. Mit dabei ist auch meine Geschichte zu einem ungewöhnlichen Ort in Rom, der direkt gegenüber des Trevi-Brunnens liegt:

Ruhestätte für edles Gedärm
Viele Tausend Menschen kommen täglich unmittelbar an diesem besonderen Ort vorbei. Doch fast niemand nimmt ihn wahr. Alle drängeln sich um den Trevi-Brunnen, machen Selfies oder werfen Münzen über die linke Schulter. Doch mit der Kirche gegenüber von Roms berühmtem Wahrzeichens ist eine höchst makabre Tradition verbunden: Hier ruhen die Eingeweide von rund zwei Dutzend Päpsten.
Zwei unauffällige Marmorplatten, rechts und links des Altars, sprechen indifferent von praecordia. Damit sind Herz, Magen, Leber, Milz, Bauspeicheldrüse, Darm, Nieren und Lungen gemeint. Wer von diesem Brauch weiß, schnuppert unwillkürlich. Dass es manchmal süßlich riecht, liegt aber am Weihrauch und Rosenwasser der bulgarischen Orthodoxen, die hier regelmäßig am Sonntagvormittag ihre Heiligen Messen feiern. Die Innereien lagern in schlichten Urnen in einem engen Gang.
Die Organentnahme hat mit dem früheren päpstlichen Bestattungsritual zu tun. Dabei waren die Körper tagelang öffentlich aufgebahrt, was gerade im Sommer zu massiven Problemen führte. Deshalb mussten die Eingeweide raus.
Dass ausgerechnet die kleine Kirche Santissimi Vincenzo e Anastasio zur Ruhestätte der Organe wurde, liegt an der Wohngeschichte der Päpste. Sie residierten seit dem 16. Jahrhundert und bis zum Ende des Kirchenstaates im Jahr 1870 im Sommer auf dem Quirinal. Dessen zuständige Pfarrkirche war eben diese am Fuße des Hügels.
Vicolo dei Modelli, 73 – 00187 Rom II ÖPNV: Metro A (Barberini) II geöffnet: täglich 9-20 Uhr, So. 10.30 Uhr: russisch-orthodoxe Messe